Embodiment – oder wie du die Gefühle deines Pferdes beeinflussen kannst

Embodiment – oder wie du die Gefühle deines Pferdes beeinflussen kannst

Das Prinzip des Embodiments kommt aus der menschlichen Psychologie. Zusammengefasst handelt es sich um die Idee, dass man sich fühlt, wie man sich mit seinem Körper präsentiert und umgekehrt.
Um eine richtig schöne Depression zu bekommen, müssen wir uns also mit nach vorne gebeugten Schultern und hängendem Kopf hinstellen, denn wir uns gerade hin stellen, würde das positive Emotionen hervorrufen.
Soweit ist das ein leicht zu verstehendes Prinzip, aber wie können wir dies nun aufs Pferd übertragen?
Menschen wünschen sich teilweise aus den verschiedensten Gründen, dass sich die Gefühle ihres Pferdes verändern. Zum Beispiel hört man oft von zu „dominanten“ Pferden oder von „zu ängstlichen“ Pferden.
Einerseits können wir die Gefühle unseres Pferdes natürlich durch unser eigenes Verhalten positiv oder negativ verändern. Bei „dominanten“ Pferden sollten wir nicht aus Angst vor dem Pferd zurückweichen und uns dadurch klein machen. Neben einem ängstlichen Pferd selbst zitternd mit Angstschweiß zu stehen, wird das Pferd eher nicht beruhigen. Klarheit in der eigenen Körpersprache und eine genaue Vorstellung davon was wir uns wünschen, helfen uns dem Pferd sinnvolle Signale zu geben.

Embodiment ist die andere Möglichkeit:
Hier geht es nicht um unseren Körper, sondern um den des Pferdes.
Bei freispielenden Pferden können wir Zirkus- oder Dressurlektionen beobachten. Dabei setzten die Pferde einige Figuren ein, um zu zeigen, dass sie nachgeben und andere um ihre ranghohe Position zu unterstreichen.
Der spanische Schritt ist beispielsweise eher eine dominante Geste, das Kompliment eher eine nachgebende Geste.
Wenn unser Pferd also Angst oder Unsicherheit zeigt, können wir (soweit es schon weit genug ausgebildet ist) eine Lektion abrufen, die im Spiel mit den Anderen Dominanz zeigt (Beispiel: spanischer Schritt und Steigen) und ebenso bei sehr selbstbewussten Pferden Lektionen abrufen die das Nachgeben verstärken.
Wir können also durch für das Pferd ganz natürliche Bewegungen bestimmt Gefühle verstärken oder sogar hervorrufen.

Bei den Zirkuslektionen haben wir Menschen ein recht gutes Feeling:

Selbstbewusstsein stärkende Zirkuslektionen:
-    Spanischer Schritt
-    Steigen
-    Auf den Hinterbeinen laufen
-    Spanischer Gruß
Alle diese Übungen schicken eher weg und verteidigen dadurch die Position als Chef.

ausgleichende Zirkuslektionen:
-    Verbeugen
-    Knien
-    Liegen
-    Plié
Hier machen sich die Pferde klein und verlieren dadurch einen Teil ihrer Dominanz.
Das Sitzen habe ich absichtlich nicht genannt, da es keine Figur ist, die in der Natur vorkommt. Es handelt sich lediglich um ein verlangsamtes Aufstehen.

Bei der Dressur ist es etwas komplizierter.
Selbstbewusstsein stärkende Dressurlektionen:
-    Piaffe und Passage: hierbei präsentiert sich das Pferd und zeigt dadurch Überlegenheit
-    Travers: es macht sich Groß und schickt den „Spielpartner“ weg, ohne ihn aus den Augen zu lassen

ausgleichende Dressurlektionen:
-    Schulterherein: das Pferd weicht ohne den Schickenden aus den Augen zu verlieren
-    Starker Trab: das ist ein Trab mit mehr Ausdruck und mehr Schubkraft, aber auch mehr Anspannung – vergleichbar mit einem Araber, der aufgescheucht über die Weide trabt

In Reitställen hört man oft, dass Pferde im Schulterherein an den gefährlich aussehenden Gegenständen vorbeigeritten werden sollen. Wenn wir unser neu gelerntes Wissen anwenden, merken wir jedoch, dass dieses Vorgehen nur den Respekt zum Reiter verstärkt, aber kein gutes Gefühl beim Pferd erzeugt.
Mein Tipp: Lasst euer Pferd gruselige Gegenstände anschauen und versucht eher Versammlung her zu stellen – in der Art, die euer Pferd schon kennt.

Grundsätzlich müssen wir allerdings aufpassen, dass wir die Pferde nicht in eine Haltung zwingen, denn dann hat es den umgekehrten Effekt. Sie müssen willig der Hilfe folgen.
Dies kann ich euch am Beispiel des Vorwärts-Abwärts erklären:
Entspannte Pferde senken den Kopf, allerdings tun das scheuende Pferde auch – nur auf eine andere Art und Weise. Sie senken den Kopf um sich den gefährlichen Gegenstand an zu schauen, dabei spannen sie teilweise auch unerwünschte Muskeln an.
Wichtig ist, dass das Pferd auf kleinste Hilfen und ohne Wiederstand die Haltung einnimmt oder die Lektion ausführt. Wenn es dies nicht tut, ist es sinnvoll noch einmal eine leichtere Übung zu wiederholen, um das Pferd zu Menschen zurück zu holen, auch wenn diese Übung evtl. weniger effektiv ist für seinen Gemütszustand.

Pferde sind sehr sensible Tiere, die auf Kleinigkeiten extrem reagieren können. Embodiment kann euer Training verbessernd ergänzen, sollte aber kein Alleinstellungswert haben.
Es handelt sich hier einfach um eine weitere Möglichkeit, Pferde sanft und ohne Zwang zu beeinflussen, aber man braucht natürlich schon eine gute Kommunikation als Basis.


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